Medieninformation Dienstag, 17.12.2024, 13:10 Schneller und unbürokratischer zur Energieautonomie Neues Gesetz ermöglicht Verfahrensbeschleunigungen, Investitionen in Infrastruktur vorantreiben

Vorarlberg verfolgt eine ambitionierte Energiestrategie mit dem Ziel der Energieautonomie bis 2050. Der Ausbau und die Nutzung von erneuerbaren Energien für Energieversorger, Unternehmen und Haushalte soll vereinfacht werden. Die Landesregierung hat dazu einen Gesetzesentwurf über Erleichterungen für Vorhaben der Energiewende dem Landtag zugewiesen. „Mit dem neuen Gesetz sollen Verfahren beschleunigt, Bürokratie reduziert und weitere Erleichterungen beim Bau von Erzeugungsanlagen für sauberen Strom und saubere Wärme geschaffen werden“, betonen Landeshauptmann Markus Wallner und Energielandesrat Daniel Allgäuer. Haushalte profitieren unmittelbar von den neuen Regelungen, so können zukünftig Solar- und PV-Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen bewilligungsfrei an Geländern von Balkonen und Terrassen errichtet werden. Neben der Verfahrensbeschleunigung und Entbürokratisierung werden Investitionen in die Infrastruktur, darunter das Lünerseewerk II und der Netzausbau, gezielt vorangetrieben.

Vorarlberg kann sich auf eine leistbare, eigenständige, stark ökologische und stabile Energieversorgung verlassen, führt der Landeshauptmann an: „Die internationalen Herausforderungen der vergangenen Jahre haben unseren Weg mehr als eindrucksvoll bestätigt: Wir müssen die Energieversorgung in den eigenen Händen behalten, um Vorarlberger Haushalten und Unternehmen langfristig eine leistbare, ökologische und sichere Versorgung mit Energie zu gewährleisten.“

Mit der Energieautonomie hat sich das Land Vorarlberg zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 den kompletten Energiebedarf bilanziell mit erneuerbarer Energie abzudecken, was vor allem durch den gezielten Ausbau von Wasserkraft und Photovoltaik passieren soll. Bis 2030 strebt Vorarlberg zudem an, den Strombedarf bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen zu decken.

Zwei ganz wesentliche Eckpunkte der Strategie sind dabei:

  • Verfahrensbeschleunigungen und Entbürokratisierung
  • Investitionen in Infrastruktur
     

Verfahrensbeschleunigungen und Entbürokratisierung
 

„Die Ziele der Energiewende benötigen präzise und durchdachte gesetzliche Rahmenbedingungen. Mit der Sammelnovelle soll der Übergang zu erneuerbaren Energien für alle Beteiligten einfacher und effizienter gestaltet werden“, sagt der Landeshauptmann.

•      Die Verfahrensdauer beim Bau wichtiger Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie, Leitungs- und Speicheranlagen wird verkürzt. Die Landesregierung wird auf Grundlage dieses Gesetzes sogenannte Beschleunigungsgebiete ausweisen und hat die Möglichkeit, Netz- und Speicherinfrastrukturgebiete festzulegen. Soll eine entsprechende Anlage in einem solchen Gebiet errichtet werden, so kann unter bestimmten Voraussetzungen auf eine langwierige Naturverträglichkeitsprüfung verzichtet werden. Damit werden schnellere Verfahren garantiert.
 

•      Haushalte werden von den neuen Regelungen unmittelbar profitieren. Schon jetzt müssen Solar- und Photovoltaik-Anlagen nicht baurechtlich bewilligt werden, wenn sie direkt am Dach oder an einer Wand angebracht werden. Diese Freistellung wird nochmal erweitert, sodass auch Anlagen an Geländern von Balkonen, Terrassen und ähnlichem bewilligungsfrei sind. Darüber hinaus wird die Landesregierung durch das Gesetz die Möglichkeit bekommen, unter bestimmten Voraussetzungen eine Freistellung von der baurechtlichen Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht auch für Wärmepumpen vorzusehen.
 

•      Außerdem gelten im naturschutzrechtlichen Verfahren sowie im Bauverfahren für bestimmte Solar- und PV-Anlagen sowie für Wärmepumpen verkürzte Entscheidungsfristen von drei bzw. einem Monat. Überdies ist vorgesehen, dass Solar- und PV-Anlagen bis 100 kW als bewilligt gelten, wenn die Behörde nicht innerhalb einer Frist von einem Monat entscheidet.
 

Investitionen in Infrastruktur vorantreiben
 

„Die Wasserkraft ist unser größter Trumpf für die Energie-Zukunft“, betont Landesrat Allgäuer. Neben der Erzeugung von Energie liegt der Fokus künftig besonders auf der Speicherung von Energie. In Vorarlberg dient vor allem die Pumpspeicherung zur Stabilisierung der Energiesysteme. Mit dem Bau des Lünerseewerk II leistet Vorarlberg einen Beitrag zur europäischen Energiezukunft und dem Klimaschutz – und das bei minimalen ökologischen Auswirkungen. Mit rund 1.000 Megawatt (MW) Leistung und einem Projektvolumen von rund 2 Milliarden Euro entsteht in Vorarlberg mit dem Lünerseewerk II das größte Pumpspeicherkraftwerk Österreichs. Das breite politische Bekenntnis zum Lünerseewerk II und die Unterstützung für eine beschleunigte Bewilligung sind essenziell.

Die Landesregierung hat – bezugnehmend auf die Vorhaben des Landesenergieversorgers illwerke vkw – im Arbeitsprogramm für die neue Periode 2024-2029 im Bereich der Energie-Infrastruktur die folgenden Vorhaben und Investitionen vorgesehen:
 

•      9 Milliarden für die Versorgungssicherheit
 

Mit dem größten Investitionspaket in der Geschichte des Landes investiert die illwerke vkw bis 2040 9 Milliarden Euro in die sichere Energieversorgung, den Ausbau erneuerbarer Energieträger sowie neue Dienstleistungen für die Menschen in Vorarlberg. „Kern dieser Aufwände ist eine Transformation und Ökologisierung der Energieversorgung. Hinter der genannten Summe stehen konkrete Projekte, die rasch und zielführend umgesetzt werden müssen, denn sie sind ein wesentlicher Baustein für unsere Energiezukunft und die Vorarlberger Souveränität in Energiefragen“, sagt Christof Germann, Vorstandsvorsitzender der illwerke vkw AG: „Wir freuen uns über das klare Bekenntnis des Landes zu unserer Energiezukunft.“
 

•      Lünerseewerk II als Leuchtturmprojekt
 

Mit einem Investitionsvolumen von 2 Milliarden Euro ist das Lünerseewerk II das Vorarlberger Leuchtturmprojekt in der europäischen Energiezukunft. Leistungsfähige und schwarzstartfähige Kraftwerke sind das Rückgrat der europäischen Energiesicherheit. Die Pumpspeicherung – und damit die Spitzen- und Regelenergie – ist die wesentliche Stärke unseres Landes. Diese Vorteile gilt es aktiv zu nutzen. Neben dem Lünerseewerk II erneuert und optimiert die illwerke vkw aber auch die vorhandenen Erzeugungsanlagen und investiert mehr als 500 Millionen Euro. So erhöht das Unternehmen bis 2040 die Turbinenleistung des Kraftwerksparks um 50 Prozent und die Pumpleistung um 77 Prozent.
 

•      Investitionen in Kraftwerksleitungen und Netzinfrastruktur
 

Neben der Erzeugung beinhaltet das 9 Milliarden Euro-Ausbaupaket der illwerke vkw auch zahlreiche Leitungs- und Netzinfrastrukturprojekte. Nach knapp 100 Jahren im Betrieb muss beispielsweise die 220-kV-Leitung von Bürs bis Hohenweiler in den kommenden Jahren generalsaniert werden. Dafür veranschlagt der Landesenergieversorger rund 400 Millionen Euro.

Bei der Netzinfrastruktur setzt man auf eine Strategie aus intelligenter Steuerung (Smart Grid), konventionellem Infrastrukturausbau und einem zeitlichen Lastmanagement. Über das Tochterunternehmen vorarlberg netz investiert die illwerke vkw in diesem Bereich bis 2040 1,4 Milliarden Euro, unter anderem in den Bau neuer Umspannwerke (z.B. UW Hofsteig). „Allesamt Investitionen, die auch weiterhin gewährleisten werden, dass Vorarlberg mit einer statistischen Strom-Nichtverfügbarkeit von nur wenigen Minuten pro Jahr von einem der besten Infrastrukturbetreiber Europas profitiert“, so Germann.   

Inhalte der Gesetzesnovelle im Detail
 

Insbesondere folgende Neuerungen im Gesetz über Erleichterungen für Vorhaben der Energiewende - Sammelgesetz können als substanzielle Erleichterungen für die Projektwerber von Vorhaben der Energiewende genannt werden:
 

1.         Erleichterungen im naturschutzrechtlichen Verfahren
 

a)     Naturverträglichkeitsprüfungen / artenschutzrechtliche Ausnahmebewilligungen entfallen. Voraussetzung: das Vorhaben liegt in einem (von der Landesregierung auszuweisenden) Beschleunigungs- oder Netz- und Speicherinfrastrukturgebiet und die Behörde stellt im Rahmen einer Grobprüfung fest, dass sich keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen aus dem Vorhaben ergeben bzw. dass solche Auswirkungen durch Minderungsmaßnahmen verhindert bzw. verringert werden können.
 

b)     Sofern eine Naturverträglichkeitsprüfung (innerhalb oder außerhalb von Beschleunigungs- bzw. Netz- und Speicherinfrastrukturgebieten) erforderlich ist, muss diese als konzentriertes Verfahren durchgeführt werden, in dem alle für die Bewilligung oder Untersagung des betreffenden Vorhabens relevanten landesrechtlichen Vorschriften (z.B. nach BauG, ElWiG usw.) mit anzuwenden sind (wirkt auch positiv für die Wasserkraft).
 

c)     Bei sämtlichen Interessenabwägungen in naturschutzrechtlichen Bewilligungs- bzw. Anzeigeverfahren gilt die gesetzliche Vermutung des überragenden öffentlichen Interesses an Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie, Leitungsanlagen und Speicheranlagen (wirkt auch positiv auf die Wasserkraft).
 

d)     Solar- und PV-Anlagen bis 100 kW gelten naturschutzrechtlich als bewilligt, wenn die Behörde nicht innerhalb von einem Monat entscheidet.
 

2.         Erleichterungen im Bauverfahren
 

a)     In allen Bauverfahren gilt bei der durchzuführenden Interessenabwägung zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes die gesetzliche Vermutung des überragenden Interesses an Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie und Speicheranlagen. Voraussetzung ist jedoch, dass das Vorhaben in einem von der Landesregierung auszuweisenden Beschleunigungs- oder Netz- und Speicherinfrastrukturgebiet liegt.
 

b)     Solar- und PV-Anlagen bis 100 kW (sofern es sich nicht ohnehin um freie Bauvorhaben handelt) gelten baurechtlich als bewilligt, wenn die Behörde nicht innerhalb von einem Monat entscheidet.
 

c)     Die Landesregierung wird ermächtigt, Wärmepumpen zu freien Bauvorhaben zu erklären (wird davon Gebrauch gemacht, dürften sich die bisher durchzuführenden Bewilligungs- bzw. Anzeigeverfahren zumindest um die Hälfte reduzieren).
 

d)     PV-Anlagen an Geländern von Balkonen sowie Terrassen usw. können – wenn sie die Abstandsflächen und Mindestabstände einhalten und in das Geländer eingefügt oder in einem maximalen Abstand bis zu 30 cm parallel dazu angebracht werden – ohne Bewilligung errichtet werden.
 

3.         Erleichterungen im Verfahren nach ElWiG
 

Für Vorhaben, die einer Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 unterliegen entfällt die Bewilligungspflicht nach dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz (Begünstigung für die Wasserkraft).
 

4.         Für alle relevanten Bewilligungs- bzw. Anzeigeverfahren
 

Beratung und Unterstützung der Projektwerber durch Einrichtung einer beim Amt der Landesregierung angesiedelten Anlaufstelle.

Die Sammelnovelle soll voraussichtlich Ende Jänner vom Landtag beschlossen werden und nach deren Kundmachung Anfang April in Kraft treten.

Redaktion
Thomas Mair

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