Medieninformation Dienstag, 23.09.2025, 15:23 Nachhaltige Sicherung der landesweiten stationären Langzeitpflege Tarifreform für Vorarlberger Pflegeheime ab 1. Jänner 2026 fixiert

Pflege und Betreuung werden in Vorarlberg über den Sozialfonds (Land 60 Prozent, Gemeinden 40 Prozent) finanziert. Neben der mobilen Pflege und Betreuung, wie Mobile Hilfsdienste, Hauskrankenpflege oder Entlastung für pflegende An- und Zugehörige, fließt ein Großteil der Mittel in die Sicherung der Langzeitpflege (Senioren- und Pflegeheime). In Vorarlberg stehen derzeit 2.370 genehmigte Pflegeheimbetten in 47 Senioren- und Pflegeheimen zur Verfügung, wovon rund 2.211 Plätze belegt sind. Etwa 160 Betten können aktuell aufgrund Um- und Neubauten, Renovierungen und Personalengpässe nicht genutzt werden, die durchschnittliche Wartezeit beträgt derzeit rund sechs Wochen. Der Kostendruck in den Pflegeheimen stieg in den letzten Jahren vor allem aufgrund von Teuerung, neuer Anforderungen durch Personalmangel sowie innovativer Entwicklungen deutlich. Mit einem neuen Pflegetarif wird nun mehr Finanzierungssicherheit geschaffen und zugleich die Qualität in der Pflege und Betreuung in Zukunft weiter gestärkt, um auch die demografischen Entwicklungen der kommenden Jahre bewältigen zu können.

Bereits im Rechnungshofbericht Pflege in Österreich 2020 wurden grundsätzlich Empfehlungen angeführt, die zur Tarifgestaltung „neu“ herangezogen wurden. Es wurde festgestellt, dass das bisherige Vorarlberger Finanzierungssystem, bestehend aus Orientierungspreisen und dem Normkostenausgleichsmodell, grundlegend überarbeitet werden muss.

Die Tarifreform soll ab 1. Jänner 2026 eine größtmögliche Absicherung der Kostenstrukturen gewähren, genormte kostenrelevante Aufwendungen beinhalten und das neue Gehaltssystem der Betreuungs- und Pflegeberufe abbilden, welches mit 1. Juli 2025 in Kraft getreten ist. Durch die Einberechnung bestehender Förderungen in den neuen Tarif wird eine deutliche Vereinfachung mit weniger Bürokratie und mehr Kostentransparenz erwirkt. Insgesamt investieren das Land Vorarlberg und die Vorarlberger Gemeinden rund 10 Millionen Euro zusätzlich, um die Finanzierung der stationären Langzeitpflege zukunftsfit aufzusetzen.

Landesrätin Martina Rüscher betont: „Nach intensiven und mehrjährigen Diskussionen ist es uns jetzt gelungen, den neuen Tarif auf den Boden zu bringen. Damit schaffen wir eine moderne, transparente und zukunftssichere Finanzierungsgrundlage für die stationäre Langzeitpflege. Ich freue mich sehr, dass wir damit die hohe Qualität der Betreuung auch in den kommenden Jahren sichern können – im Interesse der BewohnerInnen, ihrer Angehörigen, der Pflegekräfte, aber auch der Steuerzahlenden. Denn mit dem Tarif verbunden sind klare Anreize für mehr Belegung in der Kurz- und Langzeitpflege, aber auch für notwendige Strukturanpassungen, um eine gerechte und transparente Verteilung der Mittel zu gewährleisten.“

Auch Walter Gohm unterstreicht die Bedeutung für die Gemeinden: „Für die Gemeinden muss die neue Tarifstruktur eine klare Entlastung und zugleich mehr Planungssicherheit bringen. Es gilt sicherzustellen, dass mit diesem Schritt die Finanzierung der Pflegeheime auf eine verlässliche Basis gestellt wird. Die finanzielle Doppelbelastung der Gemeinden durch Beiträge in den Sozialfonds und gleichzeitig durch Abgangsdeckungen ist nicht länger tragbar und muss beendet werden. So können die Gemeinden ihre Verantwortung für eine wohnortnahe und qualitätsvolle Versorgung auch in Zukunft verlässlich wahrnehmen. Zudem ist eine volle Evaluierung des Tarifs sowie ein kontinuierliches Monitoring in ausgewählten Heimen unterschiedlicher Größe erforderlich, um Wirksamkeit und Praxistauglichkeit des neuen Tarifs sicherzustellen.“

Hauptziele der Reform

  • Sicherung der Pflegeheimplätze: Verlässliche Finanzierung, damit genügend Betten und Personal verfügbar sind.
  • Faire und transparente Kostenstruktur: Einheitlicher Tarif statt einem komplizierten System aus Orientierungspreisen und Normkostenausgleich.
  • Mehr Planungssicherheit für Heime: Fixe Grundtarife für Fixkosten (wie Personal in Küche, Reinigung, Verwaltung, Gebäudekosten) und Personalzuschläge für Pflegekräfte.
  • Flexibler Personaleinsatz: Einführung einer 37-Stunden-Tagespräsenz pro 20 Betten, wodurch alle Berufsgruppen gezielter eingesetzt werden (Skill-Grade-Mix).
  • Entbürokratisierung: Weniger Abrechnung einzelner Förderungen – alles wird in den Tarif eingerechnet.
  • Attraktive Arbeitsbedingungen: Förderung von Fachkarrieren und flexibler Einsatz, um Berufe in der Pflege attraktiver zu machen.
  • Förderung von Innovation und Qualität: Digitalisierung, Schwerpunktpflege (z. B. Demenzbetreuung), Kurzzeitpflege und Personalpools werden aktiv unterstützt.
  • Unterstützung kleiner Heime: Übergangsweise Sonderförderung für Pflegeheime bis 36 Betten.
  • Weniger Wartezeiten: Ausbau von Kurzzeit- und Übergangspflege, um Druck auf Dauerpflegeplätze zu verringern und um die pflegenden Angehörigen zu entlasten.
  • Stärkung des Case-Managements in den Gemeinden

Tarifreform – Aufbau und wesentliche Inhalte

Der neue Tarif setzt sich aus zwei wesentlichen Bestandteilen, dem Grundtarif und dem Pflegezuschlag, zusammen.

Grafik im Anhang 

Grundtarif (GT)

Der Grundtarif dient zur Abdeckung der Fixkosten, da diese überwiegend unabhängig von der Auslastung (Belegung der Betten) anfallen. Er setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen:

  • den Personalkosten für das Funktionspersonal (Heimleitung, Pflegedienstleitung, Verwaltung, Reinigung, Küche, etc.)
  • den Objektkosten (Miete, Instandhaltung, Abschreibung, Betriebskosten, etc.)
  • sowie den Sachkosten (Lebensmittel, Büromaterial, KFZ-Kosten, Verbrauchsmittel, etc.)

Über den Grundtarif werden künftig neben der Abgeltung von Leerständen auch Kooperationen, wie beispielsweise Personalpoolbildung (hinsichtlich Führung etc.), das Vorhalten von Kurzzeitpflegebetten, die Einführung von Fachkarrieren und die Digitalisierung, wo nicht schon vorhanden, forciert.     

Personalzuschlag

Die Präsenzzeiten von diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen sind nun unabhängig vom Pflegegrad festgelegt. Die Pflegeheime haben dadurch mehr Flexibilität bei der Umsetzung eines Skill-Grade-Mixes in der Pflege und Betreuung, sodass die unterschiedlichen Berufsgruppen und Assistenzberufe entsprechend ihrer Ausbildung eingesetzt werden. Im System sind erstmalig auch Fachkarrieren hinterlegt, um Mitarbeitende, die eine pflegefachliche Weiterbildung anstreben und spezialisierte Aufgaben übernehmen, zu fördern.

Der Personalzuschlag wird die variablen Kosten (belegtes Bett) für die Tagespräsenz des Betreuungs- und Pflegepersonals decken. Damit einhergehend werden die im Sommer 2025 kommunizierten neuen Personalvorgaben verbindlich in Kraft treten.

Weitere Kernelemente des neuen Tarifs

Vier Tarifstufen und Einstufung nach Bundespflegegeld

BewohnerInnen werden künftig entsprechend ihrer Bundespflegegeldstufe eingestuft und je nach Pflege- und Betreuungsaufwand durch ein vierstufiges Tarifsystem vergütet.

Die Sonderförderung für Heime bis 36 Betten stellt im Rahmen einer noch zu definierenden Übergangsfrist sicher, dass kleine Heime die strukturellen Herausforderungen im Rahmen der Tarifreform abfedern können und Zeit für eine Anpassung erhalten.

Kurzzeitpflege

Die Kurzzeitpflege (Urlaub von der Pflege, Überleitungspflege) trägt wesentlich zur Entlastung des häuslichen Bereichs, der pflegenden Angehörigen und des Spitalsbereichs bei. Mit der Reform wird die Kurzzeitpflege attraktiver gestaltet, aber auch verbindlich vorgegeben.

Schwerpunktsetzung

In den stationären Langzeiteinrichtungen werden eine Vielzahl von Menschen mit speziellen Erkrankungen oder Behinderungen begleitet. Den Einrichtungen soll mit der Schwerpunktsetzung die Möglichkeit eröffnet werden, mit einigen Betten gezielt auf bestimmte Bedarfslagen und Zielgruppen einzugehen. Dies soll neben einer qualitätsvollen Betreuungs- und Pflegestruktur auch den höheren Personaleinsatz honorieren.

Leerstandsausgleich

Im Falle eines auftretenden Leerstandes wird künftig unter Berücksichtigung bestimmter Bedingungen eine anteilige Förderung ausbezahlt werden. Ziel dieser Förderung ist eine anteilige Kostenkompensation.

Digitalisierungsoffensive

Im Bereich der Digitalisierung soll dem digitalen Wandel gemäß der Vorarlberger eHealth-Strategie Rechnung getragen werden. Pflegeheime werden durch verschiedene digitale Lösungen unterstützt – etwa durch vereinfachte Medikationsprozesse, Anwendungen zur Sturzprävention, besseren Zugang zu Gesundheitsdaten oder telemedizinische Angebote. Diese Entwicklungen erhöhen die Sicherheit der BewohnerInnen, entlasten die Pflege- und Betreuungsfachkräfte und stärken die Vernetzung mit ÄrztInnen, Apotheken und Krankenhäusern.

Zusammenarbeit mit Case-Management

Parallel zur Einführung des neuen Tarifs wird die verbindliche Zusammenarbeit mit den regionalen Case-Managements in Vorarlberg deutlich gestärkt. Parallel dazu wird über alle Case-Managements eine landesweite Warteliste nach standardisierten Grundlagen geführt.

Zusammenfassung

Mit Einführung des neuen Tarifs soll eine Vereinfachung der Förderabwicklung und somit Entbürokratisierung für die Verwaltung, eine Kostenwahrheit in der Finanzierung, eine Steigerung der Qualität und die Förderung von mehr Flexibilität im Personaleinsatz gewährt werden.

Erstmals ist es Heimbetreibern möglich auf Grundlage von Benchmarks, die auf normierten Kostenfaktoren beruhen, die Kostenstruktur des eigenen Heims laufend zu evaluieren. Die daraus resultierenden Kennzahlen unterstützen sowohl die Fachabteilung des Landes als auch die Träger (Gemeinden, Private etc.) die budgetäre Steuerung und Balance beizubehalten.

Das Angebot der Kurzzeitpflege wird landesweit forciert, bestehende und neue Trägerkooperationen sollen die regionale Versorgung in der Langzeitpflege auch für Menschen mit besonderen Herausforderungen sicherstellen.

Die Tarifeinstufung für die KlientInnen wird neu wie in den anderen Bundesländern nach der Bundespflegegeldeinstufung vorgenommen und sieht vor, dass bei einem erhöhten Betreuungs- und Pflegegrad ein entsprechend höherer Tarif zur besseren Kostenabdeckung abgegolten wird. Dies wird sich ebenfalls auf den anteiligen Einbezug des Einkommens der zu Pflegenden auswirken. Bei einer dauernden stationären Unterbringung im Pflegeheim sind die laufende Pension zu 80 Prozent, das Pflegegeld abzüglich Taschengeld (10 Prozent der Stufe 3) und die übrigen Einkünfte (z.B. Leibrente, Mieteinnahmen) zu 100 Prozent einzusetzen. 20 Prozent der Pension und die Sonderzahlungen (13. + 14.) bleiben frei. Das Vermögen der zu Pflegenden bleibt davon unberührt. 

Die Attraktivierung der Rahmenbedingungen für das Personal und die Heimbetreiber und damit einhergehend eine Sicherung der qualitätsvollen Versorgung in der stationären Pflege sind wesentliches Ziel des neuen Tarifs. Dem Langzeitpflegebereich werden mit dem neuen Tarif Möglichkeiten für eine nachhaltige Betreuung und Pflege mit mehr Flexibilität und Karrierechancen eröffnet, Planungssicherheit für Träger und Gemeinden gegeben und somit beste Bedingungen für eine weiterhin qualitätsvolle stationäre Versorgung für unsere Vorarlberger Bevölkerung vorgehalten.

Redaktion

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