Medieninformation Montag, 18.11.2024, 13:07
Zwischenbilanz des Modells JUMI – Jupident mobile Inklusion
Seit dem Betreuungsjahr 2023/24 wird das Modell des „heilpädagogischen Kindergartens“ in einer weiterentwickelten Form unter der Bezeichnung JUMI (Jupident mobile Inklusion) fortgesetzt. Kinder in besonders belastenden Situationen, die temporär eine intensive sonderpädagogische Förderung benötigen, werden nicht mehr aus der Gruppe genommen und in Schlins betreut, stattdessen erhalten die Kindergärten nun mobile Unterstützung vor Ort, um dadurch die Inklusion dieser Kinder im Regelsystem zu ermöglichen. „Schon in der ursprünglichen Form des Angebotes standen dessen Notwendigkeit und hohe Qualität außer Frage, es konnte aber aufgrund der räumlichen Bindung am Standort Schlins nur von wenigen Familien genützt werden. Der neue Modellversuch mit einer temporären pädagogischen Krisenintervention direkt in den elementarpädagogischen Einrichtungen bewährt sich. Ein mobiles, mit Fachpersonal der Elementarpädagogik, Sonderkindergartenpädagogik etc. besetztes Team leistet vor Ort eine schnelle, niederschwellige Unterstützung bei der Arbeit mit den betroffenen Kindern“, so Landesrätin Martina Rüscher in einer Zwischenbilanz gemeinsam mit Gemeindeverbandspräsidentin Andrea Kaufmann sowie Jupident-Geschäftsführer Michael Tinkhauser und JUMI-Bereichsleiterin Michaela Müller.
Im Auftrag des Landes, Abteilung Soziales und Integration, hat die Stiftung Jupident die Konzepterstellung unter Einbindung relevanter Systempartnerschaften, wie Elementarpädagogik, Gemeindeverband, aks, ifs und Eltern, übernommen. Als aufsuchendes, ambulantes Begleitungsangebot richtet sich JUMI an 3- bis 6-jährige Kinder in Kindergartengruppen, die erhöhten bzw. besonders hohen Förderbedarf haben. Das sind Kinder, die
- sich in einer lang- oder kurzfristig belastenden Lebenssituation befinden oder
- Schwierigkeiten im Gruppensetting,
- Auffälligkeiten im Sozial-/Emotionalverhalten,
- Auffälligkeiten in der Kommunikation/Interaktion,
- unsicheres bzw. selbst-und/oder fremdschädigendes Verhalten zeigen.
Im Zeitraum von Oktober 2023 bis Juli 2024 wurden über die pädagogische Fachaufsicht der Abteilung Elementarpädagogik, Schule und Gesellschaft insgesamt 25 Kinder an JUMI empfohlen. Nach weiteren Prüfungen durch das JUMI-Team fanden insgesamt 21 pädagogische Begleitungen statt. Davon konnten 18 Begleitungen im Juli abgeschlossen werden, während die Begleitung von drei Kindern im September fortgesetzt wurde. Somit befinden sich zu Beginn September sieben Kinder in pädagogischer Begleitung, weitere sechs Kinder stehen auf der Anfrageliste.
Wertvolle Unterstützung und Entlastung für das Kindergartenpersonal
„Die Unterstützung durch Fachkräfte der Stiftung Jupident schafft Entlastung für das elementarpädagogische Personal und sichert eine bestmögliche Betreuung für die betroffenen Kinder“, betont Landesrätin Rüscher. „Nach Abschluss der Begleitung sollen sowohl das Kind als auch die Fachkräfte und die Gesamtgruppe gestärkt aus dem Prozess hervorgehen“, so Rüscher.
Auch Gemeindeverbandspräsidentin Kaufmann unterstreicht den Mehrwert dieses Angebots für die elementarpädagogische Arbeit in den Gemeinden: „Um Inklusion in den Kindergärten nachhaltig umsetzen zu können, braucht es vor allem in herausfordernden Situationen professionelle Unterstützung für die Einrichtungen. Unsere PädagogInnen sind in der aktuellen Lage sehr stark gefordert und benötigen darum Angebote, welche sie in schwierigen Situationen unterstützen und begleiten. Durch JUMI haben die PädagogInnen die Möglichkeit, diese professionelle Unterstützung in ihre Arbeit mit einzubinden.“ Das Angebot leiste einen wichtigen Beitrag zu einer inklusiven Gesellschaft und trage zur Verbesserung des Lebens von Kindern und Familien in den Vorarlberger Gemeinden bei, so Kaufmann. Gleichzeitig sei es wichtig, die derzeit angespannte finanzielle Lage der Vorarlberger Gemeinden zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass die Kosten für Kindergärten und Gemeinden tragbar bleiben. „In diesem Zusammenhang ist es dem Vorarlberger Gemeindeverband gelungen, dass die Aufteilung der Personalkosten zwischen Land und Gemeinden im Verhältnis 80/20 auch zukünftig beibehalten wird“, erklärt die Präsidentin.
Zur Deckung der Strukturkosten des JUMI-Angebots wurden für das Betreuungsjahr 2023/2024 aus dem Vorarlberger Sozialfonds 159.700 Euro bereitgestellt. Die Betreuungspersonalkosten werden monatlich vom Land Vorarlberg sowie den Standortgemeinden, die das Angebot nutzen, getragen. Bis Juli 2024 betrug der Zuschuss seitens der Abteilung Elementarpädagogik, Schule und Gesellschaft des Landes 222.600 Euro, was einer Förderung von 80 Prozent entspricht.
Inklusion möglichst in allen Gemeinden
Für Jupident-Geschäftsführer Michael Tinkhauser ist die enge Zusammenarbeit mit Gemeinden eine unbedingte Notwendigkeit, um eine optimale Gestaltung des Sozialraumes vor allem auch für Kinder zu ermöglichen. Das Land Vorarlberg und der Vorarlberger Sozialfonds setzen sich dafür ein, dass in allen Gemeinden inklusive Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder bereitgestellt werden und dass alle Einrichtungen in den Gemeinden die bestmögliche Unterstützung erhalten. „JUMI ist eines der Projekte, bei dem wir die Möglichkeit haben, Gemeinden in ihrem direkten Verantwortungsbereich aktiv zu unterstützen, damit sie eine bestmögliche Betreuung von Kindern gewährleisten können“, sagt Tinkhauser.
Positive Haltung und Blick auf die Bedürfnisse der Kinder
JUMI umfasst die Unterstützung und Begleitung von Kindern im täglichen Zusammenleben im Kindergarten sowie beim Agieren in Gruppensettings. Bereichsleiterin Michaela Müller erläutert die konkreten Tätigkeiten: „Wir beobachten die Kinder, um individuelle Förderschwerpunkte zu erkennen und den Förderbedarf festzustellen. Auf dieser Grundlage erstellen wir eine individuelle Ziel- und Entwicklungsplanung, die eine größtmögliche Teilhabe am Gruppengeschehen ermöglicht. Zudem implementieren wir geeignete pädagogische Maßnahmen und Methoden im Kindergartenalltag und stellen die entsprechenden Materialien zur Verfügung, einschließlich Schulungen für deren Einsatz in der Kindergartengruppe.“
Ein wichtiger Bestandteil ist der fachliche Austausch mit den zuständigen pädagogischen Fachkräften und Teams. „Unsere Arbeitsweise orientiert sich an den Entwicklungen und Bedürfnissen der Kinder, wobei die Beziehung zu ihnen sowie ein ressourcen- und bedürfnisorientierter Blick im Vordergrund stehen. Eine klare und positive Haltung prägt unser Handeln“, erklärt Müller.
JUMI bringt eine Vielzahl von Expertisen in Form von Ansätzen und Methoden mit, die zur Unterstützung der Kinderbildung und -betreuung eingesetzt werden. Dazu gehören unter anderem Unterstützte Kommunikation, sensomotorische Wahrnehmungsförderung, der Beziehungsaufbau und Kontakt durch Methoden wie Marte Meo sowie der TEACCH-Ansatz. In Bezug auf Haltungen und Arbeitsweisen setzt JUMI auf Konzepte wie Neue Autorität, Traumapädagogik, Kinderrechte und Kinderschutz sowie das Konfliktmanagement-Modell Prodema.
Weiterentwicklung von JUMI
Bei der Konzeptentwicklung von JUMI ging es zunächst darum, Kindern in ganz Vorarlberg eine umfassende Unterstützung anzubieten. Das ist gelungen. Danach war es ein wichtiges Anliegen, nicht nur Kindern mit einer diagnostizierten Beeinträchtigung Hilfe zukommen zu lassen, sondern auch jenen, die sich in einem Prozess der ärztlichen Abklärung befinden. Im Rahmen der Evaluierung konnte auch diese Zielgruppe in das Konzept integriert werden.
Aus den Rückmeldungen der Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen hat sich ergeben, dass die pädagogischen Fachkräfte vermehrt Unterstützung in heilpädagogischen Methoden, sensomotorischer Wahrnehmungsförderung, Kommunikationsförderung sowie im Umgang mit herausforderndem Verhalten benötigen. Dies hat die Projektverantwortlichen veranlasst, zur Weiterentwicklung von JUMI Angebote wie Coachings, Austausch zu verschiedenen heilpädagogischen Themen und Fragestellungen sowie Trainings im Fort- und Weiterbildungssektor ins Auge zu fassen. Das Fachwissen, die Haltungen und methodischen Ansätze des JUMI-Teams werden an alle interessierten Fachkräfte der elementarpädagogischen Einrichtungen weitergegeben, um präventive Maßnahmen zu fördern.
In diesem Sinne sieht die Stiftung Jupident ihre große Herausforderung auch künftig darin, geeignetes pädagogisches Fachpersonal zu finden, das bereit ist, diese mobile, flexible und vielseitige Arbeit zu übernehmen.
- Redaktion
- Gerhard Wirth