Medieninformation Dienstag, 25.04.2023, 08:53 22. Literaturpreis des Landes Vorarlberg an Mathias Müller verliehen Arbeitsstipendien gingen an Manon Hopf, Nadine Kegele und Ingrid Maria Kloser

Bregenz (VLK) – Der Literaturpreis des Landes Vorarlberg 2023 wurde am Montagabend (24. April) im Landhaus Bregenz an den in Wien lebenden Autor und Literaturwissenschaftler Mathias Müller verliehen. Neben dem mit 10.000 Euro dotierten, biennal vergebenen Preis wurden Manon Hopf, Nadine Kegele und Ingrid Maria Kloser mit Arbeitsstipendien zu je 1.500 Euro ausgezeichnet. Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink betonte das hohe Niveau und die erfreulich vielen jungen Stimmen unter den Einreichungen.

Als kontinuierliche Förderung für junge als auch etablierte Vorarlberger Autorinnen und Autoren hat sich der Literaturpreis des Landes etabliert. 46 Einreichungen als Textproben aus unveröffentlichten Manuskripten sind in diesem Jahr für den seit 2008 jährlich, seit 2019 im Zweijahresrhythmus in einem anonymisierten Verfahren ausgeschriebenen Preis eingegangen. Darunter waren überraschend viele theatrale Texte und erfreulich viele frische, junge Stimmen, die die kontinuierliche Nachwuchsarbeit von literatur:vorarlberg und literatur:vorarlberg netzwerk bestätigen. Preisträger Mathias Müller, so Kulturreferentin und Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, sei als Schriftsteller im Land kein Unbekannter mehr und habe die Kunstkommission mit einem Text überzeugt, der „die Bühne zur Welt mache und umgekehrt die Welt als Bühne hinterfragt.“ 

„Die Bühne wächst“
   Tatsächlich zeichnet sich Mathias Müllers mit dem Literaturpreis ausgezeichneter experimenteller, antihierarchischer Text „Die Bühne wächst“ durch Sprache und Klang als kraftvolle Mittel aus. Mit Sprachwitz enttarnt er die heutige Gesellschaft und ihre Werte. Beim Lesen, so die Jury, hinterlasse er Irritationen, „die in Staunen versetzen und eine gewöhnliche Theaterbühne aus einer noch nie dagewesenen Sicht betrachten lassen.“ Der Autor selbst definiert seinen Text weder als Theater, noch als Anti-Theater, und empfiehlt als geeignete Umsetzung zur Entrealisierung ein Buch oder ein Hörspiel.

Kommunikation zwischen Mensch und Tier
   Mit einem der wenigen Lyrik-Beiträge unter den Einreichungen konnte Manon Hopf punkten, denn die Jury war sich einig, dass „gebe dir mein gesicht. verwandlungen“ ein ausgezeichneter, sprachreflexiver und sprachspielerischer Text sei. Darin unternehme Manon Hopf „den lyrischen Versuch einer Kommunikation zwischen Mensch und anderen Tieren, der Frequenzen und Erfahrungen hörbar macht, der von der menschlichen Alltagssprache nicht erfasst werden könne.“

Versöhnliche Familiengeschichte
   Bereits der erste Satz von Nadine Kegeles Text, ein Auszug aus dem im Entstehen begriffenen Roman „Unter Verwendung guter Gedanken“, hat die Jury in den Bann gezogen. Die „im besten Sinne versöhnliche Geschichte, fern aller Sozialromantik und im Hier und Jetzt“ fächert, ausgehend von der Begegnung zweier Schwestern beim Notar nach dem Tod des Vaters, eine Familiengeschichte auf, deren Figuren sofort vertraut erscheinen.

„Zeichen“
   „Der eine kann das Leben des anderen niemals fühlen, niemals“, lautet für die Jury einer der Schlüsselsätze in der Erzählung „Zeichen“ von Ingrid Maria Kloser. Der Satz verweist auf die Endgültigkeit einer Entscheidung, denn in ihrer Textprobe schildert die Autorin, die nach 2021 erneut mit einem Arbeitsstipendium bedacht wird, die berührende Geschichte und die Gedanken einer 93-jährigen ehemaligen Lehrerin und Schmerzpatientin, die sich entschlossen hat, die Möglichkeit aktiver Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. 


Infobox:
Literaturpreis des Landes Vorarlberg 2023 und Arbeitsstipendien
Verleihung am 24. April 2023 im Montfortsaal im Landhaus in Bregenz

Literaturpreis des Landes Vorarlberg 2023, dotiert mit 10.000 Euro
• Mathias Müller, geboren 1988 in Bludenz, lebt in Wien
   Schriftsteller und Übersetzer, derzeit Lehrtätigkeit an der Kunstuniversität Linz
Studium der Literaturwissenschaften in Wien, Zusammenarbeit mit „Versatorium“, Kooperation mit dem Ilse-Aichinger-Haus
   Veröffentlichungen: erste selbständige Publikation „Birnengasse“ (2021), zahlreiche Beiträge in Zeitschriften, Hörspiel „Irlichs Weh“ (zusammen mit Sebastian Six)
Auszeichnungen: Projektstipendium der Stadt Wien (2022), Startstipendium für Literatur (2019), Arbeitsstipendien
   Mathias Müller: „Schreiben, denke ich, hat viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen in die Sprache, die sich schreibt und nicht die meine ist. Vertrauen in die Wörter und Buchstaben, dass zwischen ihnen etwas entstehen kann, eine Verbindung, ein Funke. 
Ich möchte mich also für das Vertrauen der Jury bedanken in den Text "die Bühne wächst", der noch kein Theater und kein Hörspiel ist, aber im glücklichsten Falle beides werden kann. Ich freue mich sehr über diesen Preis.“

Arbeitsstipendien, dotiert mit je 1.500 Euro
• Manon Hopf, geboren 1990, Autorin und Übersetzerin, lebt in Mannheim 
   Literaturstudium in Mainz und Frankfurt sowie Studium Literarisches Übersetzen aus dem Französischen in München
   Veröffentlichungen in zahlreichen Anthologien und Zeitschriften
   Auszeichnungen: Martha-Saalfeld-Förderpreis, Literaturstipendiatin im Herrenhaus Edenkoben, Preisträgerin Lyrik-Wettbewerb zwischen/poesie in Stuttgart u.a.
lebt in Mannheim
   Manon Hopf: „Ich freue mich sehr über das Stipendium und für die Preisverleihung nach Vorarlberg zu kommen, wo ich als junge Erwachsene gelebt und auch mit dem Schreiben begonnen habe. Meine ersten Texte sind hier entstanden und sehr eng an die Landschaft und die Zeit, die ich hier verbracht habe, geknüpft.“

• Nadine Kegele, geboren 1980 in Bludenz, lebt und arbeitet in Wien
   Bürolehre, Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft, Gender Studies
schreibt Prosa, Theatertexte und Lieder
   Veröffentlichungen: „Und essen werden wir die Katze“ (2018), „Lieben muss man unfrisiert“ (2017), „Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause“ (2014) u.a. 
Ausgezeichnet u.a. mit Vorarlberger Literaturstipendium (2012), dem Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb (2013) und dem Theodor-Körner-Preis für Literatur (2016)
   Uraufführung des Theaterstücks „Bin noch in Tanger und darf nicht reisen. Thérèse“ (2019) vom walktanztheater.com in Feldkirch
   Nadine Kegele: „Ich freue mich, dass die streckenweise schwierige Protagonistin die Jury nicht vom Weiterlesen abgehalten hat und noch mehr darüber, dass ich der Figur mit dem Arbeitsstipendium die Gelegenheit geben kann, weitergeschrieben zu werden. Danke dafür!“

• Ingrid Maria Kloser, geboren 1962 in Hard, lebt und arbeitet in Wien
   Studium der Arbeits- und Organisationspsychologie, Tätigkeiten in der Wirtschaft und Lehrtätigkeit an Hochschulen
   Veröffentlichungen: „Jakob geht heim“ (2022), „Risse“ (2019), „Bremslicht“ (2018/19), „Darf ich dich küssen Himmel“ (2017), „Nur zu Hause“ (2014) u.a.
   Auszeichnungen bei internationalen Literaturwettbewerben, Arbeitsstipendium Land Vorarlberg 2021
   Ingrid Maria Kloser: „Das eine ist die Gewissheit, dass die eigenen Worte auch in den Anderen Bilder erzeugen, das andere ist die monetäre Zuwendung - beides bereitet Freude!“

Redaktion
Gerhard Wirth

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