Presseaussendung · 28.06.2018 LR Rauch: „Geplantes Standortgesetz wäre vollständige Demontage des Umweltrechtes, europarechtswidrig und demokratisch höchst bedenklich“ Geplantes „Standortgesetz“ soll Genehmigungsautomatismus bei UVP-Verfahren nach neun Monaten festlegen

Veröffentlichung
Donnerstag, 28.06.2018, 09:37 Uhr
Themen
Umweltrecht/Standortgesetz/Rauch
Redaktion
admin

Bregenz (VLK) – Die Bundesregierung plant laut Medienberichten ein neues „Standortgesetz“, demzufolge bei zuvor festgelegten Großprojekten nach neun Monaten ein Genehmigungsautomatismus schlagend werden würde, auch wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch nicht abgeschlossen ist. „Der bisher kolportierte Entwurf des Standortgesetzes ist europarechtswidrig und demokratiepolitisch höchst bedenklich“, erklärt Umwelt-Landesrat Johannes Rauch. „Die Bundesregierung will offenbar durchsetzen, dass jedes noch so komplexe Genehmigungsverfahren, auch bei strittigen Großprojekten, nach längstens neun Monaten endet. Das ist absurd. Damit wäre auch ein Atommülllager oder ein Kraftwerk in der Hainburger Au plötzlich genehmigungsfähig - allein, weil ein Landeshauptmann oder die Bundesregierung das will. Das kommt der vollständigen Demontage des Umweltrechtes in Österreich gleich“, warnt Rauch.

Die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EuGH weisen in die gegenteilige Richtung: die Beteiligung von NGO´s, die Umsetzung von Klimaabkommen und die Einhaltung völkerrechtlich gültiger Normen wie die Aarhus-Konvention werden mit jedem Urteil präziser geregelt. „Das mit einem legistischen und demokratiepolitischen Brachialakt aushebeln zu wollen, wird dazu führen, dass Verfahren nicht kürzer, sondern länger gehen: Weil jedes einzelne strittige und vermeintlich durchgesetzte Verfahren vor den Höchstgerichten oder dem EuGH landen wird. Die Bundesregierung wäre gut beraten, von diesem Vorhaben Abstand zu nehmen!", erklärt Umweltlandesrat Rauch. „Es ist verfassungswidrig und demokratiepolitisch bedenklich, wenn das geplante Gesetz wirklich vorsieht, dass im Fall der Säumnis nur die Interessen der Betreiber zählen und die der Nachbarinnen und Nachbarn sowie die öffentlichen Interessen irrelevant sind“, warnt Landesrat Rauch.

Der gestern (Mittwoch) medial angekündigte Gesetzesentwurf würde dem Europarecht widersprechen. Eine Genehmigung darf nach EU-Recht nur erteilt werden, wenn die Prüfung der Umweltverträglichkeit abgeschlossen ist. Das Standortgesetz soll angeblich vorsehen, dass die Genehmigung nach neun Monaten erteilt wird – egal, wie weit das Verfahren zu diesem Zeitpunkt gediegen ist. Im Durchschnitt ist die Verfahrensdauer derzeit ab Vollständigkeit der Unterlagen bei sieben Monaten. Es vergehen allerdings oft deutlich mehr als sieben Monate bis die Projektunterlagen vollständig sind. „Hier braucht es eine bessere Anleitung, damit die Projektwerberinnen und –werber richtig einreichen und keinen Automatismus, dass die UVP-Prüfung umgangen werden kann“, schlägt Landesrat Rauch vor. „Aufgrund komplexer Problemlagen und einer Vielzahl von verschiedenen Akteuren brauchen einzelne Projekte, wie beispielsweise der Ausbau des Flughafen Wiens, einfach länger. Diese Prüfungen nach neun Monaten abzudrehen, ist komplett widersinnig“, so Landesrat Rauch. „Die mit den UVP-Prüfungen betreuten Personen tun ihr Bestes. Lieber sollten diese Abteilungen aufgestockt werden, anstatt dass ihre Prüfungen abgebrochen werden“.

Auch für die Betreiber hätte der Plan der Bundesregierung eine große Schwäche: „Alle derartigen Genehmigungen wären potentiell rechtswidrig und würden von den Gerichten sehr wahrscheinlich aufgehoben werden. Das heißt, dass die Betreiber solcher Großprojekte keine Rechtssicherheit hätten und schlussendlich alles länger dauern würde“, erklärt Landesrat Rauch. Er ergänzt: „Auch hätten Anrainerinnen, Anrainer und Umweltorganisationen die Möglichkeit, sofort zivilrechtliche Unterlassungsklagen einzubringen, wenn ein Projekt nach einem derartigen Verfahren gebaut werden würde.“

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