Presseaussendung · 04.05.2018 LTP Sonderegger: "Südtiroler Erfahrungswerte für Vorarlberg nutzen" Vorarlberger Landtagsdelegation auf Exkursion im Südtirol

Veröffentlichung
Freitag, 04.05.2018, 10:20 Uhr
Themen
Politik/Landtag/Exkursion/Sonderegger/Rüdisser/Schöbi-Fink
Redaktion
Gerhard Wirth

Bozen (VLK) – Die Themen Raumplanung und Bildung standen im Mittelpunkt einer zweitägigen Informationsreise des Vorarlberger Landtags ins Südtirol. "Sowohl im Austausch mit Parlamentariern und Fachleuten als auch beim Lokalaugenschein von praktischen Umsetzungen vor Ort konnten wir wertvolle Einblicke gewinnen", resümiert Delegationsleiter Landtagspräsident Harald Sonderegger. Besonderer Fokus lag auf dem neuen Südtiroler Raumordnungsgesetz und der Gemeinsamen Schule, die vor allem auch eine Inklusionsschule ist. Unter den Teilnehmenden waren auch Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser und Landesrätin Barbara Schöbi-Fink.

Zweck der Exkursion der Mitglieder des Volkswirtschaftlichen sowie des Kultur- und Bildungsausschusses war es, über den sprichwörtlichen Tellerrand zu blicken und verschiedene Ansätze bzw. Modelle im benachbarten Südtirol kennenzulernen, betonte LTP Sonderegger: "Das Kennenlernen von laufenden Projekten und der Besuch von Einrichtungen vor Ort, bieten die beste Gelegenheit Informationen aus erster Hand zu erhalten. Außerdem kann auf diese Weise auch vertieft nachgefragt werden, so dass auch die Hintergründe und Rahmenbedingungen klar werden, in deren Kontext Modelle und Projekte im Südtirol funktionieren. Es ist nämlich nicht unser Ziel, einfach Dinge zu kopieren, sondern Ideen, kreative Herangehensweisen und Lösungsansätze kennen zu lernen, um dann Anwendungen und Lösungen für unsere Fragestellungen zu finden."

Raumplanung

Die Exkursion startete mit einem Besuch der Delegation im Südtiroler Landtag und der Begrüßung durch Landtagsvizepräsidenten Thomas Widmann. Anschließend tauschten sich die Vorarlberger Parlamentarier mit ihren Südtiroler Kolleginnen und Kollegen, den Mitgliedern des 2. Gesetzgebungsausschusses und dem verantwortlichen Landesrat Richard Theiner zum Stand des Gesetzentwurfs betreffend "Raum und Landschaft" aus. Laut Theiner versucht der Gesetzesentwurf die Interessen des Landschaftsschutzes (nur 5,5 Prozent der Landesfläche sind überhaupt besiedelbar) mit den Interessen einer vor allem touristisch stark wachsenden Wirtschaft sowie den sozialen Herausforderungen in Einklang zu bringen. Ein Ziel dabei ist der Stopp der Zersiedelung. Ein Schlüsselfaktor dafür wiederum ist die Abgrenzung von Siedlungsgebieten – innerhalb der Grenzen mit mehr Gestaltungsspielraum und Verdichtung, außerhalb mit stärkerem Landschaftsschutz. Auf der Agenda stehen zudem die Nutzung von bestehendem Leerraum, leistbares Wohnen durch Preisbindung und die Mischnutzung in Wohngebieten.

Bildung im Südtirol

Die Arbeitsgespräche am Nachmittag waren dem dreisprachigen Südtiroler Bildungssystem gewidmet. Dieses basiert auf zwei wichtigen Säulen, wie Sigrun Falkensteiner, Landesdirektorin der deutschen Grund-, Mittel- und Oberschulen der Delegation erklärte: Eine Säule stellt die "Schulautonomie" dar, also die besonderen Befugnisse Südtirols im Bereich des Unterrichts. Demnach kann das Land Sachbereiche durch eigene Gesetze regeln, muss sich aber an Grenzen und Vorgaben des italienischen Staates halten. Falkensteiner nannte dazu die Teilbereiche Kindergärten, Berufsbildung, Musikschulen, Schulbauten, Schulfürsorge und Schulbibliotheken. Die zweite Säule sei die Autonomie der Schulen. Sie gewähre eine größere didaktische, organisatorische, finanzielle und verwaltungsmäßige Gestaltungsfreiheit – selbstverständlich unter gewissen Vorgaben wie z.B. den allgemeinen Zielsetzungen durch Staat bzw. Land. Jede der 250 Schulen könne ihr eigenes Profil entwickeln und eigenverantwortlich ihr Bildungsangebot gestalten und umsetzen.

Der Integration bzw. Inklusion werde im Südtiroler Bildungssystem großer Stellenwert eingeräumt, wie Veronika Pfeifer (Referat Inklusion) festhielt. Damit bezog sie sich nicht nur auf die besonderen Anforderungen von Kindern mit Beeinträchtigung, sondern auf die individuellen Bedürfnisse aller Kinder – von der charakterlichen Ausprägung bis hin zum sozialen bzw. familiären Hintergrund. Mit diesem ganzheitlichen Ansatz sollen die individuellen Fähigkeiten jedes einzelnen Kindes gefördert werden.

Landeskindergartendirektorin Christa Messner beleuchtete den Kindergarten als erste Stufe im Bildungssystem. Per Landesgesetz wurde vor zehn Jahren das Recht auf einen Kindergartenplatz in der Wohnsitzgemeinde verankert. Eingeschrieben werden können alle Kinder, die das dritte Lebensjahr bis zum Februar des betreffenden Jahres vollenden. In der Frühkind- und Ferienbetreuung ortet Christa Messner hingegen noch Verbesserungspotenzial. Außerdem wurde die Ausbildung der Kindergartenpädagogen jüngst in ein fünfjähriges Masterstudium umgebildet, eine grundsätzliche begrüßenswerte Tatsache, die aber laut Messner tendenziell eher negative Auswirkungen auf das Fachkräfteangebot haben könnte.

Schulpraxis

Am zweiten Tag konnte die Vorarlberger Delegation mehrere Schulen im Sprengel Meran/Stadt besuchen und den Unterricht dort live miterleben. Direktorin Brigitte Öttl von der Carl-Wolf-Schule, einer Mittelschule, die gleichzeitig auch alle Grundschulen im Sprengel leitet, schilderte den integrativen/inklusiven Ansatz im Pflichtschulsystem: "Wir müssen die Kinder dort abholen, wo sie stehen." Die Leistungsvergleiche geben dem Südtiroler Modell der "Gemeinsamen Schule" Recht, so Öttl. Befürchtungen, dass leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler von schwächeren ausgebremst würden, glaubt sie aufgrund ihrer Erfahrung nicht. Die Schülerinnen und Schüler würden miteinander und voneinander lernen, allerdings muss ausreichend Personal zur Verfügung stehen, damit auch begabte Kinder eine entsprechende Förderung erhalten.

Angewandte Ortskernförderung

Zum Abschluss der Exkursion besuchte die rund 30-köpfige Delegation die kleinste Stadt Südtirols. Glurns hat aktuell 900 EinwohnerInnen, wie Bürgermeister Alois Frank festhielt. Er erklärte, wie die Ortskernförderung aktiv zum Erhalt der Stadt genutzt wird: Glurns kauft alte, leerstehende Gebäude im Stadtgebiet mit Eigenmitteln, restauriert sie – unterstützt durch die Ortskernförderung – und veräußert sie günstig an Personen, die förderungswürdig sind – konkret: Südtiroler Erstwohnungskäufer. So konnten bereits mehrere Gebäude, teils mit großer Kubatur, wieder aktiviert werden. Derzeit wird das alte Gerichtsgebäude von Glurns renoviert.

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